T-Mobile
Arena |
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Informationen und Besuchserfahrungen von Bernt Pölling-Vocke (bernty@gmx.com) |
Als ich im Frühjahr 2004 für knapp eine Woche nach Prag fuhr dachte ich in eine der Eishockeymetropolen Europas zu fahren. Tschechien stellt bekannterweise immer wieder eine der besten Nationalmannschaften der Welt, in der NHL tummeln sich talentierte Tschechen und Prag hat sogar gleich zwei Topmannschaften in der ersten Liga. Wurden meine Erwartungen erfüllt?
Nicht ganz; nicht einmal knapp. Wer in Prag gutes Eishockey sehen will, und gutes Eishockey wird zweifelsohne gespielt, wird sich entweder beim HC Sparta Prag in der T-Mobile Arena wiederfinden oder eben beim HC Slavia Prag, den ich ebenfalls besuchte.
Die T-Mobile Arena täuscht mit ihrem "modernen" Namen und
ein paar Propagandafotos auf der Homepage vom HC Sparta Prag darüber
hinweg, dass das Gebäude selbst bestenfalls in den 70er Jahren einmal
modern war. Als absoluter Witz hängt dann über dem Eis auch noch ein
topmoderner Videowürfel, dessen Kaufpreis man besser in etwas Badreiniger
oder einen neuen Anstrich der meisten Wände investiert hätte. Dafür
läuft aber ziemlich oft Werbung für Kühlschränke... Nicht ganz zu
unrecht wurde die Halle als nicht geeignet eingestuft, als die Spiele für
die Eishockey WM 2004 in der Tschechei auf die verschiedenen Standorte
verteilt wurden.
Kommt man frohgelaunt eineinhalb Stunden vor dem Spiel an muss man erst einmal feststellen, dass man damit beinahe vor dem ersten Ordner am Stadion ist. Der Parkplatz ist leer, zwei Kassen sind geöffnet, kein Mensch kauft Tickets. Ist man richtig? Hat man sich im Tag vertan?
Eine gewachsene Fantradition die das Stadion auch schon vor dem Spiel mit etwas Leben füllt scheint es nicht zu geben. Sicherlich war das von mir besuchte Spiel auch kein Spiel gegen ein absolutes Topteam, an siebter Stelle stand Vitkovice allerdings schon an einem recht kühlen Freitagabend im Februar 2004, als sie zur T-Mobile Arena reisten. Zusammen mit dem Team waren auch vier unermüdliche Fans, sowieso die einzigen erkennbaren Auswärtsfans an diesem Abend, mit immerhin drei Trikots und einer Trommel angereist. Auch die heimischen Fans ließen lange auf sich warten; 45 Minuten vor Spielbeginn wurde die Halle endlich geöffnet, fünf Minuten vor Spielbeginn kamen die meisten Zuschauer, von denen sich letzten Endes vielleicht 5-6000 in der rund 13.000 Zuschauer fassenden Arena fanden.
Andererseits gibt es auch wirklich keinen Grund, viel zu früh an der T-Mobile Arena anzukommen. Im Stadion, eigentlich einer geschlossenen Multifunktionsarena, gibt es keine Heizung und man friert sich auf den Sitzplätzen zu Tode, wenn es draußen unter null ist. Das Licht wird auch erst richtig eingeschaltet wenn das Spiel beginnt (auch das Einspielen findet noch mit gedämpftem Licht statt), Stimmung gib es wie schon erwähnt aufgrund fehlender Fans vor dem Eröffnungsbully sowieso nicht (danach eigentlich auch nicht) und die Verpflegung ist bestenfalls unterdurchschnittlich. Dafür aber günstig, so wie alles in Prag...
Günstig waren (Stand Februar 2004) auch die Eintrittskarten: Stehplatzkarten kosteten 50 Kronen, Sitzplätze auf der Seitengeraden (die ich mir leistete) 110 Kronen. Und für einen Euro bekam man gleich 33 dieser Kronen...
Etwas peinlich war auch eine wild auf einem überdeutlich von Nescafé gesponsorten Podest herumhüpfende Gruppe an (überflüssigen) Cheerleadern. Abgesehen davon, dass ich sowieso kein Fan von Cheerleadern bin, erst Recht nicht beim Eishockey, waren sie an diesem Abend auch auf verlorenem Posten, denn die knapp halbvolle Halle wäre wohl nicht einmal durch ein 10:9 in Verlängerung zum Leben erweckt worden. Wenn sich ein mancher, weitgereister Eishockeyfanatiker über die schlechte Stimmung in manchen NHL-Spielstädten beschwert, würde ich einmal eine heilende Fahrt nach Prag empfehlen. Selbst wenn die Rangers im Madison Square Garden einmal wieder 1:5 im letzten Drittel zurückliegen und die meisten Fans schon abgehauen sind ist es wesentlich lauter als bei einem Heimsieg von Sparta: läuft die Heimmannschaft vorm Spiel aufs Eis steigt der Lautstärkepegel nicht nur wenig sondern gar nicht (ungelogen und unglaublich), fällt ein Tor für die Heimmannschaft wird höflich geklatscht (vereinzelt wurde sogar aufgestanden), passiert sonst irgendetwas passiert auf den Rängen eher gar nichts. Es gibt zwar einen kleinen, einen ganz kleinen Hardcorestehplatzfanblock von Sparta Prag (hinter dem Tor, auf das Sparta zwei Mal schießt), die Zuschauer dort unterscheiden sich allerdings von denen auf der lethargischen Tribüne nur darin, dass jeder Zweite (also insgesamt vielleicht zehn) ein Trikot anhat, irgendwo eine Trommel hängt und ein ganz kleines bisschen Stimmung gemacht wird, während von der Tribüne gar nichts kommt.
Neben der schon erwähnt schlechten Verköstigung fielen auch noch die total verdreckten und höchst baufälligen sanitären Einrichtungen sowie das durchweg recht unfreundlich-desinteressierte Personal auf. Mit viel günstigem Bier könnte man es allerdings gut aushalten, leider trinke ich aber nicht...
Soll man jetzt hingehen oder nicht? Schwere Frage. Eigentlich ist ein Heimspiel in der T-Mobile Arena kein tolles Erlebnis, andererseits kostet es auch wieder nicht wirklich viel. Wenn man auch noch an kalten Tagen ein zweites Paar Socken überzieht und eine dicke Jacke mitbringt mag man es auf der Tribüne ganz gut aushalten. Man muss allerdings hoffen, dass man sich die Bank (jeweils drei Sitzplätze sind einer Holzsitzbank zugeteilt, Einzelplätze gibt es nicht) nicht mit allzu breiten Mitmenschen teilen muss, sonst kann es schon einmal eng sein. Das Eishockey ist vom Niveau her sicherlich mit dem in der DEL vergleichbar; zumindest hatte ich nicht den Eindruck, talentlosen Akteuren zuzugucken, so wie es mir schon oft in Stadien der zweiten Bundesliga in Deutschland passiert ist (oder bei den New York Rangers). Wer gerne Eishockey guckt und in Prag am Abend nicht viel vor hat soll es sich antun. Alternativ würde ich jedoch den Besuch von einem Heimspiel Slavia Prags bevorzugen: im kleinen Stadion (Kapazität rund 5000) Slavias war es zumindest rappelvoll und die Stimmung war auch durch die viel engere Halle wesentlich aufgeheizter. Sicherlich ist die Halle Slavias noch schlechter als die T-Mobile Arena, die T-Mobile Arena gleicht jedoch einem absoluten Stimmungsgrab. Außerdem nervt die geringe Erhöhung der Tribünen, so dass man immer recht flach aufs irgendwie weit entfernte Eis starrt und wohlmöglich auch noch Köpfe vor sich ertragen muss, wenn es einmal richtig voll wird.
Um Tickets sollte man sich im Vorfeld eigentlich keine Sorgen machen. Von den Durchschnittszahlen her ist die Halle meistens nur zu einem Drittel gefüllt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die T-Mobile Arena in den Playoffs plötzlich immer ausverkauft ist. Einfach hingehen, Karten kaufen, keine Gedanken machen & fertig.
Im Hotel sagte man mir, dass ich mit der U-Bahn bis zur Haltestelle "Vitavska" (Linie "C") fahren solle und die Halle von dort schon ausgeschildert sei. Schilder zur Halle findet man in Vitavska dann natürlich nicht, dafür sieht es aber dermaßen übel aus, als wäre vor fünfzig Jahren eine Atombombe gezündet worden und die Menschheit gerade erst vor einigen Wochen wieder in die verfallene Gegend zurückgezogen. Nun ja, auf jeden Fall muss man (aus der Innenstadt kommend) an all den nicht vorhandenen Beschilderungen vorbei zur Straße "Dukelskych hrdinu" (Parallelstraße der wesentlich größeren "Bubenska", die direkt vor einem verläuft, wenn man aus der U-Bahn-Station kommt) gehen. An der "Dukelskych hrdinu" angekommen latscht man dann etwa zehn Minuten aus der Stadt heraus und ist hoffentlich nicht zu früh angekommen, da die Halle erst 45 Minuten vor Spielbeginn geöffnet wird und man bestimmt nichts verpasst, wenn man erst kurz vor Spielbeginn kommt.
Offizielle Homepage vom HC Sparta Praha: http://www.hcsparta.cz